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Brücken-Abstandsmessung fehlerbehaftet |
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Bei Verwendung der Video-Abstand-Meßanlage VAMA kann der Abstand über die gesamte
Meß- und Beobachtungsstrecke von 300 m zeitweilig über dem gemessenen Wert liegen, weil
gleitende Abstandsveränderungen bei Entfernungen von mehr als 190 m erst wahrgenommen
werden können, wenn sie 25% überschreiten.
(Amtsgericht Homburg/Saar, Urt. v. 06.06.1997, Az. 5 OWi
120/97, veröffentlicht in zfs 1997, 393)
Eine Verurteilung
wegen Unterschreitung des Sicherheitsabstandes setzt voraus, daß der gebotene
Sicherheitsabstand (halber Tachowert) nicht nur ganz vorübergehend mißachtet worden ist
(ständige Rechtsprechung; vgl. für viele OLG Köln VRS 66, 463). Als "nicht nur
vorübergehend" wird in der Rechtsprechung eine Strecke von 250 bis 300 m angesehen
(vgl. OLG Köln in VRS 66, 465).
Erläuterung des Meßverfahrens
Das Videobrückenmeßverfahren wird hauptsächlich für die
Abstandsüberwachung eingesetzt; man kann mit diesem Verfahren jedoch auch
Geschwindigkeiten messen. In einem Abstand von 50 m sind auf der Fahrbahn zwei
jeweils 40 cm breite, weiße querlaufende Markierungen aufgebracht (in
Entfernungen von 90 m bzw. 40 m zur Meßbrücke).
Siehe Schemazeichnung hierzu (40 kB)
In die laufende Videoaufzeichnung ist eine hochgenaue Uhr eingeblendet; die
Uhr ist quarzgesteuert; zur Einblendung der Anzeige der Uhr wird ein sogenannter
Charakter-Generator verwandt, der die Zeitinformation dem Videobild derart zumischt,
daß in jedem Video-Halbbild eine ablesbare Zeitangabe erscheint; die Markierungen
auf der Straße müssen mit geeichten Meßgeräten vermessen
werden. Die Geschwindigkeitsmessung geschieht wie folgt:
Wenn die Vorderräder des überwachten Fahrzeuges sich unmittelbar vor der ersten
Markierung (90 m-Markierung) befinden, wird die auf dem Video-Halbbild eingeblendete
Uhrzeit abgelesen (Zeit T1). Wenn die Vorderräder des Fahrzeuges des Betroffenen die
zweite Markierung (40 m) gerade überfahren haben, wird die in diesem Augenblick
eingeblendete Zeit abgelesen (Zeit T2). Danach wird die Geschwindigkeit nach der Gleichung
GESCHWINDIGKEIT = WEG/ZEIT = 50 m/(T2 T1) berechnet. Das eben beschriebene
Geschwindigkeitsmeßverfahren ist keine Geschwindigkeitsmessung im eichrechtlichen Sinne,
sondern ein Geschwindigkeitsmeßverfahren, bei dem geeichte Geräte zur Anwendung kommen;
dies bedingt entsprechende Toleranzen. Bei günstiger Aufstellposition der Videokamera
(günstiger Blickwinkel) und guter Bildqualität lassen sich die Positionen Vorderräder
des Fahrzeuges des Betroffenen gerade noch vor der ersten Markierungslinie, Vorderräder
des Fahrzeuges des Betroffenen gerade nach der zweiten Markierungslinie, zweifelsfrei
festlegen; bei ungünstiger Videokameraposition und/oder schlechter Bildqualität sind bei
der Feststellung der Zeiten T1 und T2 Toleranzen zu berücksichtigen; hinzu kommt folgende
Besonderheit:
Im Bereich zwischen der 90-m- und der 40-m-Markierung wird zur Ermittlung der Zeit ein
geeichter "Charaktergenerator mit Zeiteinblendung für Videokamera Typ CGP 50E"
verwandt. Dieser Generator hat eine nicht nachvollziehbare Besonderheit. Er zählt bei
ungeraden Zehntel-Sekunden nur ungerade Hundertstel-Sekunden bzw. bei geraden
Zehntel-Sekunden nur gerade Hundertstel-Sekunden. Die Zählweise sieht wie folgt aus:
0.00 sec.
0.02 sec.
0.04 sec.
0.06 sec.
0.08 sec.
0.11 sec.
0.13 sec.
0.15 sec.
0.17 sec.
0.19 sec.
0.20 sec.
0.22 sec.
0.24 sec.
0.26 sec.
0.28 sec.
0.31 sec.
0.33 sec.
0.35 sec.
0.37 sec.
0.39 sec.
0.40 sec.
0.42 sec. usw.
Projiziert man diese atypische Uhr beispielsweise acht Videohalbbilder mit einem
exakten zeitlichen Abstand von jeweils 0,02 sec., so müßte die Differenz der vom
Charaktergenerator auf den Videobildern eingeblendeten Uhrzeiten an und für sich 8 * 0,02
sec. = 0,16 sec. ergeben; tatsächlich ergeben sich jedoch
- 0,15 sec., wenn der Beginn der Zeit im Bereich ungerader Zehntel-Sekunden, das Ende der
Zeit im Bereich gerader Zehntel-Sekunden liegt;
- 0,17 sec., wenn der Beginn der Zeit im Bereich gerader Zehntel-Sekunden, das Ende der
Zeit im Bereich ungerader Zehntel-Sekunden liegt;
- 0,16 sec., wenn Beginn und Ende der Zeit entweder jeweils beide im Bereich ungerader
Zehntel-Sekunden oder beide im Bereich gerader Zehntel-Sekunden liegen.
Zum Beispiel:
Zeitbeginn bei 0,13 sec. (ungerade Zehntel-Sekunden); nach acht Videohalbbildern zeigt die
Uhr aufgrund der speziellen Zählweise 0,28 sec. an; die Differenz ergibt 0,28 sec.
0,13 sec. = 0,15 sec. Liegt der Zeitbeginn dagegen beispielsweise bei 0,22 sec. (gerade
Zehntel-Sekunden) so zeigt die Uhr nach acht Videohalbbildern eine Zeit von 0,39 sec. an;
die Differenz ergibt 0,39 sec. 0,22 sec. = 0,17 sec. Nur wenn Zeitbeginn und
Zeitende entweder beide im Bereich ungerader Zehntel-Sekunden oder beide im Bereich
gerader Zehntel-Sekunden liegen, kommt es durch den vorgenannten
"Zeitprogrammierfehler" zu der richtigen Zeitdifferenz.
Der geeichte Charaktergenerator hat mithin einen programmierbedingten Zeitfehler von ±
0,01 sec. Hinzu kommt es durch den sogenannten "Jitter"-Effekt in
Ausnahmefällen zu einem Digitalisierungsfehler von 0,01 sec., für die vorliegende Uhr
(wegen ihrer speziellen Zählweise) sogar von nicht ausschließbar 0,02 sec. Die denkbare
Auflösung der Uhr beträgt zwar 0,01 sec.; aufgrund der Besonderheit der Zeitzählung
macht die Uhr jedoch nicht nur Zeitschritte von 0,01 sec. sondern auch solche von 0,02
sec. und 0,03 sec.
Schließlich ist die Eichfehlergrenze zu berücksichtigen; sie beträgt
0,1% der gemessenen Zeitdauer, die Verkehrsfehlergrenze mithin 0,2%; dieser
Fehler ist gering, er kann aufgerundet mit maximal 0,005 sec. angenommen werden.
Damit kommt man auf einem Gesamtfehler der eingeblendeten Uhrzeiten von 0,01
sec. (Programmierfehler) + 0,02 sec. (Digitalisierungsfehler bzw. "Jitter"-Effekt)
+ 0,005 sec. = 0,035 sec.
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INFOBOX |
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Autor:
Beck/Löhle |
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Quelle:
Fehlerquellen bei polizeilichen Meßverfahren |
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Bildquelle:
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Erstellt:
1997 |
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